23. Oktober 2017 in der WelfenAkademie e.V.
„Meine Dissertation „Unsicherheitsphänomene im Marketing und Vertriebsmanagement“ hat drei Teile. Ein Teil davon geht um die Preisverhandlung. Diesen möchte ich Ihnen heute Abend vorstellen,“ eröffnet Dr. Jan Guba vom Sales und Marketing Department der Ruhr Universität Bochum den Abend.
Auf Einladung des Marketing Clubs Braunschweig sind wir von Full On in der Welfenakademie in Braunschweig mit vielen anderen Mitgliedern zusammengekommen, um mehr über die Möglichkeiten bei Preisverhandlungen zu erfahren.
Vorweg:
Bereits eine Veränderung von 1% des Preises hat direkte Auswirkungen auf einen Verkaufsabschluss.
Im Bereich B-to-C erhalten 89% aller Kunden, die einfach nur danach fragen, einen Rabatt.
Dies sind erste Zahlen aus der Dissertation, für deren Grundlagenrecherche sich Dr. Jan Guba in 28 Autohäusern umfassend selbst informiert hat. Basis für die Forschung sollten echte Preisverhandlungen sein, um möglichst reale Situationen für die Auswertung heranziehen zu können.
Die Verhandlungszone bei Preisverhandlungen
Die erste Frage ist eigentlich, wie kommen Verhandlungsergebnisse zustande? Basis hierfür ist zum einen die Preisvorstellung des Verkäufers, der für einen Gebrauchtwagen etwa mindestens 4.000 Euro möchte und mit einem Verkaufspreis von 6.000 Euro sehr zufrieden wäre. Ein möglicher Käufer, der das Autohaus besucht hat sich ein Budget von 5.500 Euro gesetzt.
Auf dieser Basis ergibt sich eine Preisverhandlungsbasis zwischen 4.000 Euro, was die Schmerzgrenze des Verkäufers ist und 5.500 Euro, der Schmerzgrenze des potentiellen Käufers.
Die Untersuchungen zeigten, dass je mehr Befugnisse das Management dem Vertrieb einräumte, die Preise zu „individualisieren“, umso schlechter war die Profitabilität für das Autohaus. Beste Ergebnisse gab es, wenn der Vertrieb mittlere Befugnisse hatte. Untersucht wurde der Ansatz, ob Verkäufer Preise setzen können, die profitabel sind. Ein neuer Ansatz hierzu ist das von Dr. Jan Guba CPI Sensoring.
CPI Sensoring = Customer Price Importance Sensoring
Das CPI Sensoring bedeutet, ein Gefühl für die Wichtigkeit des Preises auf Kundenseite.
Ist dem Kunden der Preis sehr wichtig? Oder ist dem Kunden der Preis egal? Um Verkäufer dazu einzusetzen, profitable Preise festlegen zu können müssen sie erkennen können, ob Kunden der Preis wichtig ist. Die Verkäufer müssen ein CPI Sensoring entwickeln können.
Warum ist das wichtig? Nun, wenn dem Kunden der Preis egal ist, braucht man diesen auch nicht weiter im Verkaufsgespräch zu thematisieren und ohne Grund einen Nachlass zu geben. Merkt der Verkäufer jedoch, dass dem potentiellen Kunden der Preis wichtig ist, sollte er die Vorteile des Produktes noch stärker in den Vordergrund stellen.
Dadurch kann er den Kunden von der Werthaftigkeit des Produktes soweit überzeugen, dass er diesen bereits mit einem weniger großen Nachlass zum Kaufabschluss bringt. Die Studienergebnisse zeigen, dass 2% weniger Nachlass bereits einen um 22% größeren Gewinn bedeuten.
Die Wichtigkeit des Verkäufers bei der Preisverhandlung
Weiterhin ist relevant, wie die Provision des Verkäufers beim Kaufabschluss geregelt ist. Zählt für einen Verkäufer nur der reine Kaufabschluss, gibt er bereitwillig auch hohe (oft unnötige) Nachlässe. Ist dagegen der Umsatz beim Verkauf wichtig, ist er eher bereit in die Preisverhandlung einzusteigen und damit letztlich einen größeren Gewinn zu erwirtschaften.
Um unterscheiden zu können, ob dem Kunden der Preis wichtig ist oder nicht zählen verschiedene Faktoren, die von den Verkäufern unterschiedlich bewertet wurden. Nur ein Drittel der Verkäufer schätzt die Preiswichtigkeit des Kunden richtig ein.
Faktoren, die zu einer Fehleinschätzung der Preiswichtigkeit beim Kunden führten
1. Alter (Verkäufer dachten älteren Kunden wäre der Preis weniger wichtig. Das Gegenteil war der Fall)
2. Loyalität (Kunden gewöhnen sich an Nachlässe)
3. Hohes Produktwissen (diesen Kunden war der Preis eher unwichtig als Kunden mit wenig Produktwissen)
4. Wütende Kunden (Wurden die Kunden vom Verkäufer als schlecht gelaunt empfunden, dachten sie oftmals, dass der vermeintlich zu hohe Preis der Grund für den Ärger war, was überwiegend falsch interpretiert wurde)
Im Verkaufsgespräch kann schwer eine Entscheidung getroffen werden, wenn man die Spielregeln nicht kennt. Verkäufer, die in diesem Punkt unsicher sind, haben geringe Chancen, den optimalen Preis festzulegen.
Für die vorliegende Dissertation „Unsicherheitsphänomene im Marketing und Vertriebsmanagement“ wurde Dr. Jan Guba mit dem Deutschen Wissenschafts Preis 2016 des DMV ausgezeichnet. Entschieden hat eine Jury von sieben Mitgliedern aus Unternehmen, Medien und Universitäten.
Fazit
Am wichtigsten war die folgende Erkenntnis: Kann der Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter herausfinden, wie wichtig dem Kunden der Preis im Vergleich zu anderen Produktmerkmalen ist, erreicht er durch ein individuelles Eingehen im folgenden Verhandlungsgespräch darauf einen wesentlich erfolgreicheren Verhandlungsabschluss. Die Das Ziel dabei sollte immer sein, die Wertunsicherheit des Kunden zu reduzieren.
„Die Ergebnisse der Arbeit sind für zahlreiche Branchen höchst relevant und zeigen, dass Unternehmen ohne großen finanziellen und personellen Aufwand ihren Umsatz erhöhen können, wenn sie in verbesserte Verhandlungs-Fähigkeiten ihres Verkaufspersonals investieren. Auch wie das konkret geschehen kann, wird von unserem Preisträger thematisiert. Damit schlägt die Arbeit eine ausgezeichnete Brücke zwischen Theorie und Praxis – und genau solche Arbeiten fördern wir mit dem Deutschen Wissenschafts Preis,“ erklärt Dr. Gerd Brüne, Jury-Mitglied und Publisher für die Zeitschriftenmarken GEO, National Geographic und P.M. bei der Gruner & Jahr GmbH & Co. KG.
Video mit Dr. Jan Guba:
